Die Weinkiste aus Massivholz, auf die idealerweise in altmodischer Schrift eingebrannt ist »Wein aus deutschen Landen«, sendet dagegen all jene Signale, die vielen Menschen heute wichtig sind:
Der Alltag ist hektisch, aber ich entschleunige. Ich bin umweltbewusst. Und individuell, weil ich die Kiste blau (oder rot) lackiert habe. Ich kaufe Bio-Lebensmittel aus der Region und transportiere sie in nachwachsenden Materialien. Dafür musste kein Baum im Urwald sterben, denn meine Kiste ist alt und stammt vom deutschen Winzer.
Wenn das mal stimmt. Zwar versprechen viele Onlinehändler, dass ihre Kunden mit der »Vintage Weinkiste« ein Original vom deutschen Winzer erstehen, »gebraucht, mit viel Charme und Patina«. Um die 20 Euro kostet es.
Doch kein Fahrradhändler, der die Kisten vertreibt, gab uns gegenüber seine Quelle preis. Fast alle Winzer haben auf billigere und leichtere Pappkartons umgestellt, eine leere Holzkiste wiegt nämlich rund zwei Kilo. Weil Winzer aber ja Wein und keine Kisten produzieren, lassen sie sich die vom Winzerbedarf liefern, ebenso wie Korken oder Traubenpressen.
Die wunderbare Vermehrung der Weinkisten lässt sich wohl damit erklären, dass die meisten neu sind, nicht in »deutschen Landen«, sondern in Polen, Lettland oder der Ukraine hergestellt. Florian zum Felde, der in seinen Onlineshops solche Kisten anbietet, sagt, wegen der hohen Produktionskosten gebe es in Deutschland keine Hersteller mehr. Seine Firmen haben immer zwischen 100 000 und 200 000 Kisten vorrätig, so groß sei die Nachfrage.